The Audiophile Choice

Charles Lloyd & The Marvels + Lucinda Williams: „Vanished Gardens“

Blue Note 2018
Charles Lloyd: Tenorsaxophon und Querflöte
Bill Frisell: Gitarre
Lucinda Williams: Vocals
Greg Leisz: Pedal Steel Gitarre, Dobro
Reuben Rogers: Bass
Eric Harland: Schlagzeug

Der 1938 in Memphis/Tennessee geborene Charles Lloyd gehörte schon in den sechziger Jahren zu den bekanntesten Saxofonisten, natürlich beeinflusst von Lester Young, Coltrane oder Cannonball Adderley. Mit seiner ersten eigenen Band um den damals noch völlig unbekannten Keith Jarrett feierte er sogar Chartserfolge und spielte 1966 beim legendären Monterey-Festival und im folgenden Jahr vor einem begeistertem Publikum im damaligen Rockmusik-Tempel „Fillmore West“ in San Francisco. Erschöpft vom kommerziellen Tournee- und Konzertbetrieb, zog er sich für viele Jahre zurück, studierte indische Philosophie und lehrte transzendentale Meditation. In den achtziger Jahren kehrte er dank Michel Petrucciani gereift und entspannt auf die Jazzbühne zurück, mit großartigen Konzerten und einer Reihe herausragender Einspielungen auf dem ECM-Label, darunter „Fish out of water“ (1990) und die nach seinem Rückzugs- und Regenerationsort benannte „Notes from Big Sur“.
Charles Lloyd war nie ein Free-Rebell, wie Shepp oder Ayler, er war immer auf der Suche nach Schönheit und Wahrheit in der Musik, und sein Ton ist immer von einer tiefen, aber unaufdringlichen, weil nie esoterischen Spiritualität getragen. Als eine der ganz großen noch (über-)lebenden Saxofon-Legenden dieser Generation – neben Sonny Rollins, Archie Shepp und Wayne Shorter – muss er auch längst nichts mehr beweisen, er spielt souverän gruppendienlich und ist mit seinem warmen Tenor und der ebenso virtuos eingesetzten Querflöte natürlich trotzdem in jeder seiner Bands die dominierende Stimme.
Das zeigt sich besonders schön bei seinen letzten Aufnahmen für das Blue Note-Label „Wild Man Dance“ (2015), „Passin‘ Thru“ (2017) und zuletzt mit den Marvels auf „Vanished Gardens“ (2018) – alle als Doppel-LPs in vorbildlicher Aufnahmetechnik und schön gestaltetem Klappcover erhältlich – dem jetzigen Blue Note-Präsidenten sei Dank.
Lloyd hat schon oft und ganz bewusst Spirituals und andere musikalische Traditionen als die afroamerikanische „Great Black Music“ aufgegriffen und sich anverwandelt, auf einer früheren Platte mit den Marvels („I long to see you“, 2016), hat er z.B. Dylans „Masters of War“ ergreifend interpretiert.
Jetzt auf „Vanished Gardens“ sind neben seinen eigenen Kompositionen Titel von Monk, Hendrix und Lucinda Williams dabei, die Einflüsse von Country und Americana sind deutlich zu hören, sie bleiben aber immer in den Jazzkontext eingebunden. Bill Frisell an der Gitarre ist da natürlich wieder der kongeniale Partner, aber auch die rauhe Stimme von Lucinda Williams passt hervorragend und stellt das subtile, sanfte und berührende Spiel von Lloyd in einen ganz neuen Zusammenhang. Das Album eines gelassenen Meisters.

Thomas Neuhauser

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